Yellowcard – Southern Air
Ryan Key ist wohl die ärmste Sau auf der Welt. Oder er liest zu viele Kitschromane à la „Twilight“ und muss das irgendwo ausleben. Das sind die zwei möglichen Erklärungen dafür, dass er mit seiner Band Yellowcard nun schon das achte Album veröffentlicht, auf dem er anonyme verflossene Lieben und Freunde, die ihn verarscht haben, besingt. „Southern Air“ heißt das gute Stück und vorneweg sei eins gesagt: Dieses Album liefert keinen neuen Grund, die Band zu mögen. Wer bis jetzt nicht mit ihnen zurecht gekommen ist, wird wegen dieses Werks kaum zum Yellowcard-Fan werden, denn die Veränderungen liegen im Millimeterbereich.
Über die Jahre haben sich Yellowcard zu Meistern der Melancholie entwickelt. Die Texte klingen weiterhin wie ein Musik gewordenes Lebenshilfebuch von Paulo Coelho. Halte durch, Kopf hoch und ab morgen bist du sowieso ein neuer Mensch, wir liefern dir den Soundtrack dazu. Ein gutes Beispiel dafür ist der Opener „Awakening“. Grundaussage: Komm schon, wir trinken noch einen, wir pfeifen auf politische oder sozialkritische Bezüge in unseren Texten, wir lassen lieber unseren lustigen Geiger noch ein bisschen aufspielen. Richtig, diese Band hat einen Violinisten, auch wenn er sein Instrument rein optisch eher wie eine Thrash-Gitarre zu bedienen scheint – breitbeinig und meist mit Maximaltempo. Und der Titeltrack „Southern Air“ liefert die „Ach, wie schön ist es doch daheim“-Einstellung, die gerade modern zu sein scheint. Erreichtes Schmalzlevel auf der Skala von 1 bis 10: Rosamunde Pilcher.
Diejenigen, die schon nach unten zur Wertung gespäht haben, wundern sich inzwischen vielleicht etwas. Bis jetzt liest sich das wie ein klassischer Verriss, wieso die überdurchschnittliche Wertung? Ganz einfach: Weil Yellowcard so verdammt gut in dem sind, was sie machen. Diese Melodien sind nicht nur gut geschrieben, die fräsen sich sofort ins Hirn und lassen ein verträumtes Lächeln auf dem Gesicht zurück – ja, so war das damals, als das Benzin billig, „American Pie“ neu im Kino und Bier verboten war. Die Texte mögen schmalzig sein, aber man nimmt Key auch auf dem achten Album voll und ganz ab, dass er jede Zeile vollkommen ernst meint. Liegt sicher auch daran, dass sein Gesang durchaus erwachsener als auf den Vorgängeralben wirkt. Besonders gut zeigt sich das bei „Ten“: ein herzerweichender Song über ein verlorenes Kind, bei dem man Key nur wünschen kann, dass dieser Text einmal nicht autobiographisch ist.
Yellowcard machen keine Musik für Kopfmenschen, sondern direkt für den Bauch. Für die Jüngeren ein super Partyalbum, für die Älteren Musik, die genau die alten Zeiten im Kopf erscheinen lässt, die Ryan Key so gern besingt. „It always summer in my heart and in my soul“, heißt es an einer Stelle. So herzlos, da zu widersprechen, ist wohl kaum einer.
Wertung: 7/10
Erhältlich ab: 17.07.2012
Erhältlich über: Hopeless Records (Soulfood Music)
Website: www.yellowcardrock.com
Facebook: www.facebook.com/yellowcard
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